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Veranstaltung am 31.05.23: Dr. Meißner zu „Digitalisierte Gesundheit – Wunschdenken und Realität“

Der Psychiater Dr. Andreas Meißner spricht auf Einladung des Kompetenznetz der Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen in Westfalen-Lippe e.V. zum Thema „Digitalisierte Gesundheit – Wunschdenken und Realität“. Mitveranstalter sind Wispa und das Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht.

Inhaltlich geht es um die elektronische Patiententenakte (die bald jeder gesetzlich Versicherte erhalten soll, der nicht widerspricht), aber auch um die zentrale Datenspeicherung und den Europäischen Gesundheitsdatenraum.

Die Veranstaltung findet 31. Mai 2023, 18:30 Uhr, bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe in Dortmund statt.

Zeitgleich wird die Veranstaltung online übertragen – mit Unterstützung von Patientenrechte und Datenschutz e.V., von den Datenschützern Rhein Main, den Patientendatenschützern Rhein Main und dem Club Voltaire (Frankfurt).

Weitere Informationen (und Zugangs-Link) unter https://kompetenznetz-kjp.de/kjp-info/gesundheitspolitik/epa-opt-out/

Offener Brief an EU-Parlament: Sekundäre Gesundheitsdatennutzung nur mit Zustimmung der Betroffenen

Die Verordnung zum Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) soll Grundlage sein für interoperable digitale Gesundheitssysteme in der gesamten EU. Leider versagt der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission beim Schutz der Patienten, wenn es um die “sekundäre Nutzung” ihrer persönlichen medizinischen Daten durch Dritte für Forschung, Training von AI-Systemen und andere kommerzielle Zwecke geht. Nach dem gegenwärtigen Entwurf hätten Patienten kein Mitspracherecht bei der Nutzung ihrer Daten und würden nicht einmal darüber informiert, wer sie erhält.

Mehr als ein Dutzend Organisationen, die für die Rechte von Patienten, Angehörigen medizinischer Berufe, Menschen mit Behinderungen, Verbrauchern, Arbeitnehmern und Gewerkschaften sowie für digitale Rechte eintreten, haben sich daher in einem Schreiben an die Mitglieder des EU-Parlaments gewandt. Sie fordern die Einführung einer “Opt-in”-Zustimmungsregelung, d.h. dass Datennutzer die gültige Zustimmung der Patienten einholen müssen, deren persönliche medizinische Daten sie für sekundäre Zwecke nutzen möchten.

Patientenrechte und Datenschutz unterstützt diese Forderung und hat den offenen Brief mit unterzeichnet. Das Schreiben ist im (englischen) Wortlaut auf der Seite von EDRi nachzulesen (deutsche Übersetzung).

Lesetipp: telepolis-Beitrag “Populismus in Richterrobe”

Beim Jahrespressegespräch des Bundessozialgerichts am 8. Februar 2022 befürwortete Rainer Schlegel, Präsident des BSG, dass Umgeimpften im Falle einer Covid-Behandlung die Übernahme eines Teils der dafür anfallenden Kosten auferlegt werden solle. Dieser Vorschlag greift grundlegende Prizipien des Systems der solidarischen Krankenversicherung an. Umso erfreulicher, dass im reichweitenstarken telepolis-Magazin des heise-Verlags eine Replik vom Timo Rieg erschienen ist, welche die problematischen Punkte an Schlegels Vorstoß akkurat aufs Korn nimmt: https://www.heise.de/tp/features/Populismus-in-Richterrobe-6479502.html


Ergänzung am 24.02.2022: Das Thema scheint die telepolis-Autorenschaft zu bewegen: Am 18. Februar antwortete Stephan Schleim mit einem Beitrag, der die Position des BSG-Präsidenten unterstützt. Was Timo Rieg zu einer weiteren Replik veranlasste, die wiederum eine Gegenrede von Stephan Schleim nach sich zog.

Umsetzungsvorschläge zur Impfpflicht – Krankenversicherungen weigern sich, Impfpolizei zu spielen

Bislang legten mehrere Gruppierungen von Bundestagsabgeordneten Vorschläge zur Impfpflicht vor. Während AfD und Teile der FDP eine Impfpflicht gänzlich ablehnen, schlägt FDP-Gesundheitspolitiker Ullmann eine verpflichtende Impfberatung und – falls das noch nicht reicht – eine Impfpflicht ab 50 vor.
Die Union will vor allem den Aufbau eines Impfregisters und ggf. eine Lage-abhängige Impfpflicht für bestimmte Alters- und Berufsgruppen. Aus der Ampel-Kooalition legte Gruppe von sieben Abgeordneten ein Eckpunktepapier vor, das eine allgemein Impfpflicht ab 18 vorsieht. Dazu schreibt das SPD-Blatt “Vorwärts“:
“Nach dem Papier, das dem „vorwärts“ vorliegt, sollen alle Erwachsenen ab 18 Jahren mit dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland zu einer Corona-Impfung verpflichtet sein. Die Impfpflicht soll nach drei Impfungen erfüllt sein und auf den 31. Dezember 2023 befristet werden. Wer der Impfpflicht nicht nachkommt und erwischt wird, begeht eine Ordnungswidrigkeit und soll mit einem Bußgeld belegt werden. Die Höhe soll sich „an bestehenden Regelungen zur Masernimpfpflicht“ orientieren. Umsetzungsvorschläge zur Impfpflicht – Krankenversicherungen weigern sich, Impfpolizei zu spielen weiterlesen

Unsere Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl

Anlässlich der Bundestagswahl hat Patientenrechte und Datenschutz e.V. versucht, einigen Parteien und Kandidaten mehrere Fragen aus unseren Themenbereich vorzulegen. Dies erwies sie als schwieriger als gedacht, da alle Parteien zur Abwehr von allzu viel Anfragen ein online-Wahlprüfsteine-Formular etabliert haben.
Die leider wenig zahlreichen Rückmeldungen haben wir nun – im Originalwortlaut und unkommentiert – veröffentlicht. Wer sich also vom (Nicht-)Antwortverhalten der Parteien ein Bild machen möchte, findet unseren “Erlebnisbericht” und die eingegangenen Antworten durch Klick auf “Kampagnen” > “Bundestagswahl 2021” im Kopf dieser Website (oder direkt unter dem Link https://patientenrechte-datenschutz.de/bundestagswahl-2021/).

Dr. Demmler (SBK) fordert zentrale Rolle der Krankenkassen in der Digitalisierung

Dr. Gertrud Demmler, Vorständin der Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK), veröffentlichte auf deren Website einen “Meinungs”-Beitrag mit der Überschrift “Krankenkassen müssen eine wichtige Rolle in einer Datenstrategie für das Gesundheitswesen spielen“. Darin diagnostiziert Dr. Demmler, ein schnellerer, modernerer und umfangreicherer Informationsfluss im Gesundheitswesen sei nötig. Er ermögliche Versorgungsforschung, eine individuelle Beratung der Versicherten, die Erforschung von Krankheiten und eine ziel- und zukunftsgerichtete Gesundheitspolitik. Bislang fehle jedoch eine umfassende nationale Digitalisierungs- und Datenstrategie, wie sie auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen in einem Gutachten fordert. Dr. Demmler (SBK) fordert zentrale Rolle der Krankenkassen in der Digitalisierung weiterlesen

“Informationelle Erkrankung” als ICD-Diagnose?

Dr. Stefan Streit, Hausarzt aus Köln, hat bereits wiederholt auf die Notwendigkeit hingewiesen, als Reaktion auf die fortschreitende Digitalisierung unserer Lebenswelt den etablierten bio-psycho-sozialen Krankheitsbegriff nach Thure von Uexküll um “informationelle Erkrankungen” zu erweitern (https://patientenrechte-datenschutz.de/diagnose-informationell-erkrankt/).
Charakteristisch für eine informationelle Erkrankung ist, dass allein eine Information (oder auch deren Fehlen, Unkorrektheit oder ungewolltes Öffentlichwerden) genügt, um einen Menschen physisch, psychisch oder sozial zu schädigen bzw. seine Teilhabe am normalen Arbeits- und Alltagleben zu beeinträchtigen oder zu verhindern.

Ein Beispiel dafür ist die derzeit häufige informationelle Erkrankung “Arbeitsunfähigkeit wegen Quarantäne, ausgelöst durch ein Signal der Corona-Warn-App”. Eine Warnung der Corona-App (oder eines anderen Mittels der Kontaktverfolgung) bewirkt, dass man in Quarantäne geschickt werden kann, selbst wenn keine bestätigte Covid-19-Infektion vorliegt. Krank im herkömmlichen Sinne ist der Betroffene damit noch nicht, die Umstände würden dem Arzt aber eine Diagnose als “informationell erkrankt” erlauben – wenn es dafür einen ICD-Schlüssel gäbe. Daher hat Dr. Streit nun beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Antrag eingereicht, mehrere Formen der informationellen Erkrankung in den Katalog der ICD-Diagnosen aufzunehmen (https://www.heise.de/news/Informationelle-Erkrankung-soll-offizielle-ICD-Diagnose-werden-6033187.html).

Krankenkassen-Auskunft mit wenigen Klicks

Datenschützerverein stellt “Anfrage-Generator” im Internet bereit

Eine Krankenkasse hat mehr kritische Daten über Bürgerinnen und Bürger, als jede andere Institution: Krankheiten, Therapien, Einkommen, Arbeitsplätze, Anschriften. “Nach gegenwärtigem Stand haben Krankenkassen einen viel besseren Zugriff auf Informationen über Versicherte, als die Versicherten selbst.” erklärt Bernhard Scheffold, Vorsitzender des Vereins Patientenrechte und Datenschutz e.V. “Um das zu ändern, hat nun ein Team datenschutzbewusster Softwarespezialisten einen Anfrage-Generator entwickelt, mit dem gesetzlich Versicherte einfach erfahren können, was ihre Krankenkasse über sie gespeichert hat.” Der Anfrage-Generator gestattet es, mit wenigen Klicks eine rechtskonforme Anfrage an die eigene Krankenkasse zu stellen. Er ist unter http://kassenauskunft.de erreichbar. Krankenkassen-Auskunft mit wenigen Klicks weiterlesen

Diagnose: informationell erkrankt

Erweiterter Gesundheitsbegriff macht informationelle Verletzungen anschaulich

Dr. Stefan Streit, Hausarzt aus Köln, schlägt vor, das etablierte bio-psycho-soziale Krankheitsmodell um informationelle Erkrankungen zu ergänzen. Dieses erweiterte Krankheits- bzw. Gesundheitsverständnis basiert auf folgendem Grundgedanken: Gesundheitsinformationen sind derart untrennbar mit der Person verbunden, dass sie als Persönlichkeitsanteil und ihre Unversehrtheit als Teil der Gesundheit begriffen werden sollten. Oder wie Streit (in einem Kurzvortrag beim Jahreskongress des Chaos Computer Clubs 2018) formulierte: “Wenn das, was andere über mich wissen, mich beschädigt, dann bin ich informationell erkrankt.” Diagnose: informationell erkrankt weiterlesen

Offener Brief an die Bundestagsabgeordneten: Keine zentrale Speicherung von Gesundheitsdaten!

Die Digitale Gesellschaft e.V. und der Verein Patientenrechte und Datenschutz e.V. richten sich in einem Offenen Brief an alle Bundestagsabgeordneten und warnen sie davor, am 7. November 2019 im Bundestag dem Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (DVG) zuzustimmen.

Dieses Gesetz ebnet der zentralen Massenspeicherung von sensiblen Gesundheitsdaten den Weg. Bereits seit 2014 werden Routinedaten der Krankenkassen über das Informationssystem Versor­gungs­­­­­­daten (Datentransparenzverfahren auf Basis der §§ 303a bis 303e Sozialge­setz­buch V) aufbereitet. Nun sollen in einem Forschungsdatenzentrum nach § 303d die Gesundheitsdaten aller Versicherten gespeichert, ausgewertet und einer langen Liste von Nutzungsberechtigten zur Verfügung gestellt werden. Die Daten sollen im Forschungs­zentrum lediglich pseudonymisiert gespeichert werden. Offener Brief an die Bundestagsabgeordneten: Keine zentrale Speicherung von Gesundheitsdaten! weiterlesen